Maßnahmen zur Eindämmung der Nutriapopulation

Neue Maßnahmen zur Eindämmung der Nutriapopulation gemäß RdErl. d. ML vom 7.12.2018

1. Allgemeines

Die Nutria stellt eine invasive, gebietsfremde Art dar. Die Population hat sich in Niedersachsen in den vergangenen Jahren stark vergrößert und schnell ausge- breitet. Die weitreichenden Bauten der Nutria können die Stabilität von Deichen und Gewässerböschungen und damit auch von Straßen und technischen Anlagen gefähr- den. Weiterhin kommt es durch Einsturz oder Abrutschen der Böschung in das Ge- wässer zur Gefährdung der Personen, die die Böschungen u. a. auch mit Maschinen unterhalten. Es kann ferner zur Schädigung von Unterwasser- und Ufervegetation kommen, was wiederum Auswirkungen auf gewässerbewohnende Tierarten hat.
Die Nutria stellt insbesondere in den Küstenregionen eine große Gefahr für den Küs- ten- und Hochwasserschutz dar, vor allem dann, wenn ihre Ausbreitung und Popula- tionszunahme weiterhin ungebremst anhält. Hinzu kommen landwirtschaftliche Schä- den an Feldfrüchten und Beeinträchtigungen der schützenswerten Flussmuschelbe- stände. Es ist daher notwendig, die Bejagung der Nutria zu verstärken.
Die behördliche Zuständigkeit zur Erreichung dieser Ziele liegt vorrangig bei den Jagdbehörden für die Wildart Nutria, namhaft unterstützt durch die untere Natur- schutzbehörde im Hinblick auf die Einstufung der Nutria als invasive Art.

2. Öffentlichkeitsarbeit

Um das Verständnis für die Bejagung bei der Bevölkerung und bei den Jäge- rinnen und Jägern zu schaffen und zu verbessern, sollen die Jagdbehörden ihre Öf- fentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Gefahren der steigenden Nutriapopulation intensi- vieren. Insbesondere sollen die Jägerinnen und Jäger sensibilisiert werden, um eine stärkere Bejagung zu erreichen. Die Gewässer-Unterhaltungsverbände sollen hierbei

eingebunden werden, da sie in der Regel Informationen zum Vorkommen der Nutria in ihrem Unterhaltungsbereich bereitstellen können. Auch können sie zu den entspre- chenden Schadbildern durch die Nutria an den Gewässern und wasserbaulichen An- lagen weitergehende Informationen liefern.

3. Anordnung der Bejagung

Insbesondere in Gebieten, in denen eine besonders große Nutriapopulation besteht und durch die Inhaberinnen und Inhaber der Jagdbezirke keine ausreichende Bejagung erfolgt oder zugelassen wird, sollen die Jagdbehörden die Bejagung der Nutria nach § 27 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes (im Folgenden: BJagdG) oder für befriedete Bezirke und jagdbezirksfreie Flächen nach § 9 Abs. 4 NJagdG anordnen. Im Rahmen eines etwaigen Verwaltungsvollzuges benötigen beauftragte Jägerinnen und Jäger/Fängerinnen und Fänger keine Jagderlaubnis. Dies gilt erforderlichenfalls auch für gemäß § 6 a BJagdG befriedete Bezirke (§ 6 a Abs. 5 Satz 1 BJagdG). Et- waige Kosten sind der oder dem Jagdausübungsberechtigten gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BJagdG oder der Grundeigentümerin oder dem Grundeigentümer gemäß § 9 Abs. 4 NJagdG oder § 6 a Abs. 5 BJagdG in Rechnung zu stellen.

4. Fang in Schutzgebieten

Auch in Schutzgebieten ist ein hinreichender Fang der Nutria zu gewährleis- ten. Auf Nummer 1.6 des Bezugserlasses wird verwiesen. In bereits bestehenden Schutzgebieten kann die zuständige Naturschutzbehörde von den Verboten einer Schutzgebietsverordnung nach Maßgabe des § 67 BNatSchG i. V. m. § 41 NAGBNatSchG eine Befreiung gewähren, soweit eine Ausnahme nicht bereits vorge- sehen ist.

5. Gebiete mit Biber- und Fischottervorkommen

In Gebieten mit Biber- oder Fischottervorkommen (streng geschützte Arten) soll Nutriafängerinnen und Nutriafängern eine artenschutzrechtliche Ausnahmege- nehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG für den nicht beabsichtigten Beifang in Le- bendfangfallen erteilt werden, mit der Auflage, diesen Beifang unverzüglich freizulas- sen.

6. Fütterung von Nutria

Das Füttern von Wild, auch der Nutria, ist gemäß § 32 NJagdG ausschließlich in Notzeiten zulässig, die von der Kreisjägermeisterin oder dem Kreisjägermeister für die jeweilige Wildart bekannt gegeben werden. An prädestinierten Stellen ist auf die- ses allgemeine Fütterungsverbot hinzuweisen und Verstöße gegen dieses Verbot sind zu ahnden. Das Bekanntgeben einer Notzeit für Nutria bedarf einer besonderen restriktiven Prüfung. Gegebenenfalls ist zeitgleich das Verbot der Jagdausübung an Fütterungen nach § 32 Abs. 3 NJagdG aufzuheben.

7. Behinderung der Jagd auf Nutria

Nach § 2 Abs. 3 NJagdG darf das Fangen und Erlegen von Wild nicht absicht- lich behindert werden. Ein Verstoß hiergegen stellt eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 NJagdG dar. Da die Bejagung der Nutria durch Abschuss oder Fal- lenfang im öffentlichen Interesse liegt, ist dieses Verbot gegenüber Störerinnen und Störern durchzusetzen.

8. Gebühren für die Untersuchung auf Trichinen

Zur Steigerung der Fangmotivation und möglichst umfassenden Verwertung der gefangenen Nutria ist zu erwägen, die Gebühren für die erforderliche Trichinen- probe zu reduzieren oder auf die Gebühr zu verzichten. Insoweit ist von einem öffent- lichen Interesse i. S. des § 2 Abs. 2 NVwKostG auszugehen.

9. Entsorgung

Erlegte Nutria, die nicht erkennbar mit einer auf Mensch oder Tier übertragba- ren Krankheit infiziert sind, können — auch nach Abstreifen des Balges — nach den Regelungen der guten fachlichen Jagdpraxis im Jagdbezirk verbleiben, sofern dies gemeinwohlverträglich erfolgt. Nutriaabfälle außerhalb des Jagdbezirks versorgter Tiere, die in privaten Haushaltungen anfallen, unterliegen der Entsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 20 KrWG (Restmülltonne oder an- derweitige Festlegung des Entsorgungsträgers). Sofern die Verwertung gewerblich erfolgt, bedarf es einer Entsorgung durch einen Verarbeitungsbetrieb für tierische Ne- benprodukte (VTN).

10. Schlussbestimmungen

Dieser RdErl. tritt mit Wirkung vom 1. 12. 2018 in Kraft und mit Ablauf des 31. 12. 2021 außer Kraft.

An die
Region Hannover, Landkreise und kreisfreien Städte
Nachrichtlich:
An
die Landwirtschaftskammer Niedersachsen
den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Natur- schutz
die Ämter für regionale Landesentwicklung

— Nds. MBl. Nr. 43/2018 S. 1500

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