Wildtierrettung durch Drohnen

Laut Angaben der Deutschen Wildtier Stiftung sollen in Deutschland pro Jahr durch Grünlandbewirtschaftung 500.000 Tiere getötet werden, davon ca. 90.000 Rehkitze. Da Rehkitze erst nach ca. 10 Tagen einen Fluchtreflex entwickeln, sind diese in der ersten Mahd besonders gefährdet.

Um das zu vermeiden hat Axel Claußen, Vizepräsident des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein e.V. in den letzten Jahren ein Drohnenrettungsprojekt aufgebaut und seine Erfahrungen der Jägerschaft Stade am 28. Juli vorgestellt. Die beeindruckende Alternative sieht wie folgt aus:

  • 3:30 Uhr morgens treffen Drohnenpilot, Co-Pilot und mind. 2-3 Sucher an der zu mähenden Fläche ein
  • der Pilot programmiert die Wegpunkte der zu überprüfenden Fläche (mithilfe der automatischen Wegpunktenavigation sollen pro Stunde ca. 50ha abgesucht werden)
  • der Pilot startet die Drohne und aktiviert dann den Autopiloten
  • in ca. 80 m Höhe fliegt die Drohne jetzt eigenständig die Fläche ab
  • währenddessen überwacht der Co-Pilot per Monitor oder Tablet die per Funk übertragenen Videodaten der Wärmebildkamera
  • wird ein Wildtier entdeckt (Rehe, Hasen, Fasane, Rebhühner) steuert der Pilot die Drohne direkt über die Wärmebildsignatur
  • der Co-Pilot instruiert die Sucher per Funkgerät und führt diese direkt bis zur Wärmebildsignatur
  • die Sucher „bergen“ das gefundene Rehkitz mittels einer Plastikbox aus der Gefahrenzone
  • nach der Bergung nimmt die Drohne ihre Flugroute wieder auf

Für Suche / Bergung stehen ca. 4h zur Verfügung. Gegen 8 Uhr hat sich der Boden bereits so stark erwärmt, dass keine eindeutigen Wärmebildsignaturen mehr erkannt werden können. Bis dahin muss das Team hervorragend abgestimmt sein und zusammenarbeiten. Die LiPo-Akkus der Drohnen können die Drohne ca. 22 Minuten in der Luft halten und die Videodaten per Funk übertragen. Ab Unterschreitung eines bestimmten Spannungswertes bricht die Drohne den automatischen Wegpunktekurs ab und kehrt zum Startpunkt zurück wo sie vom Piloten gelandet wird. Die Akkus werden getauscht. Die Start-Checkliste wird kontrolliert. Die Drohne steigt wieder auf und setzt ihren Flug am letzten Wegpunkt wieder fort.

Auf diese Weise konnte das Team um Axel Claußen in 2016 63 Rehkitze bergen – in 2017 waren es bereits 135 aufgespürte Rehkitze über einen Zeitraum von 3 Wochen.

Was wie ein technischer Selbstgänger klingt, bedeutet einen enormen logistischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand. Allein in den 3 Wochen während der ersten Mahd muss das Team von Piloten und Helfern fast jeden Tag 3:30 Uhr zur Stelle sein. Diese Bereitschaft und Zeit muss vorhanden sein.

Hinzu kommen die Kosten für ein solches Drohnensystem. Obwohl die Preise für Drohnen in den letzten 5 Jahren massiv gesunken sind und mittlerweile schon im Elektronik-Discounter verkauft werden, handelt es sich hier um einen Profi-Anwendungsfall. Der teuerste Posten ist die Wärmebildkamera. Die eingesetzte Wärmebildkamera, die FLIR 640, kostet gut 6.000 Euro. Nach vielen Verhandlungen konnte ein Drohnen-Komplettpaket für knapp unter 10.000 Euro verhandelt werden. Zudem müssen alle Drohnenpiloten einen speziellen Pilotenschein für den Drohnenflug erwerben und damit ihre Eignung für das Steuern der Fluggeräte nachweisen.

Wesentlich für den Erfolg des Pilotprojektes war laut Axel Claußen das hohe Training, die Standardisierung der eingesetzen Drohnensysteme und die intensive Einbindung der Landwirte.

Seitens der Jägerschaft Stade ist ein solcher Einsatz seit Längerem in Planung. Voraussetzung dafür ist die Etablierung einer Organisationsstruktur innerhalb der Hegeringe. Im Rahmen der Herbstversammlung wird dieses Thema separat beleuchtet.

Thomas Kostrewa

 

 

Beitragsbild: Phantom 4 Pro (U-Rob)